Ein Schulleiter zum Anfassen

Von Sascha Braun

Limburg. "Wer mag schon einen Schulleiter ?" fragte Dieter Diefenbach ironisch und wehmütig zugleich. Über der Aula der Tilemannschule lag bedrückende Stille. Obwohl eigentlich die Abiturienten des Jahrgangs 2000 zu verabschieden waren, wurde diese Entlassungsfeier und Zeugnisausgabe zu einer Hommage an Diefenbach selbst, der nach zwölf Jahren als Schulleiter in den Ruhestand geht. In einer "nicht immer ernst gemeinten Rede" blickte Diefenbach auf seine Anfänge als Schulleiter zurück: "Es war ein Rollenwechsel, ich wurde vom Kollegen zum Außenseiter, zu einem Vorgesetzten mit Weisungsbefugnis. Ich lief Gefahr, zur obersten Strafinstanz und anonymen Verwaltungsspitze zu werden."

In nachhaltiger Erinnerung sei ihm das Gespräch mit einer 12-jährigen Schülerin geblieben, die ihn in seinem Büro porträtieren wollte. Diefenbach fragte wofür und erhielt die Antwort: "Fürs Scheibenschießen beim Unterstufenfest." Keck setzte die Schülerin nach: "Wenn jemand Schulleiter wird, kann er kein netter Mensch sein." Deshalb, so Diefenbach, habe er versucht, sich Namen und Gesichter einzuprägen. Der Schulleiter las aufmerksam Zeitung und beglückwünschte die Schüler zu Erfolgen außerhalb ihrer Schule. Jedoch sei bald "Stasi-Verdacht" aufgekommen, Böswillige munkelten gar "Big Brother is watching you", wenn er im Pausenhof das Gespräch mit Schülern suchte. Aber, so Diefenbach, ohnehin habe er sich nie alle Namen behalten können. Und: "Ich wollte ein Schulleiter zum Anfassen sein."

Diefenbach warf seinen Sachverstand umso mehr in die Waagschale, je mehr er zum kompetenten Ansprechpartner für die Schüler heranreifte. Lang ist die Liste von Diefenbachs Fähigkeiten, die in keinem Lehrplan auftauchen. Wie Diefenbach sagte, wurde er Konfliktlöser, Vermittler für Beziehungsprobleme, Experte für Figurprobleme, Ehestifter, und er gab kostenlose Beratungsdienste.

"Ich werde euch sehr, sehr vermissen", würdigte Diefenbach "seine" letzten Abiturienten, und hob den extremen Kontrast zu seiner Schulzeit hervor: "Eure Generation hat eine Offenheit und Unbefangenheit, wie ich sie mir immer gewünscht habe. Es war beglückend, mit Euch eingebunden zu sein, so bin ich jung geblieben."

Im Rahmen der Entlassungsfeier wurden einige Schülerinnen und Schüler ausgezeichnet, die überragende Leistungen oder besonderes Engagement für die Schule gezeigt hatten. Sie erhielten Buchpreise, die vom Ehemaligenverein gestiftet wurden. Dominik Höhler, Torben Müller, Dominik Schultes und Sebastian Will erreichten die Traumnote 1,0. Dieter Lens und Boris Linn lagen mit der Durchschnittsnote 1,1 und 1,2 nur knapp hinter den Besten und wurden ebenfalls geehrt. Andreas Dechange, der "Tastenkönig" der Tilemannschule, wurde für seine Künste als Pianist bei zahlreichen Anlässen geehrt. Außerdem erhielten Ehrungen: Alexandra Faber, Matthias Fischer, Constantin Couvelis, Alexander Tausend, Stefan Vömel, Christian Müller und Dominik Schultes.

NNP Limburg Regionalteil 19.06.2000

© Frankfurter Neue Presse, 2000

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